Dienstag, 8. März 2011

Hl. Johannes Chrysostomos über das Fasten

Hl. Johannes Chrysostomos (344/349-407) war Erzbischof von Konstantinopel und, zusammen mit dem Hl. Basilius dem Großen und dem Hl. Gregor von Nazianz, einer der Heiligen Drei Hierarchen der Orthodoxen Kirche. In seinen Texten zum Thema Fasten werden die Kraft und die Bedeutung des Fastens sowohl für den einzelnen Gläubigen als auch für die ganze Gemeinschaft deutlich.

Über die Veränderung beim Fastenanfang:Jetzt hören wir kein Gemurmel und keinen Lärm mehr, weder die Zubereitung von Fleisch noch die Geschäftigkeit der Köche; all das hat aufgehört und unsere Stadt ist einer ehrenhaften, bescheidenen und weisen Frau ähnlich geworden. Wenn ich über diese plötzlich entstandene Veränderung nachdenke und mich an den gestrigen Tumult erinnere, dann wird mir die Kraft des Fastens klar, das, dadurch dass es in das Gewissen eines jeden von uns eingegangen ist, unsere Gedanken umgewandelt und unseren Geist gereinigt hat: Dies gilt für Adlige wie für gewöhnliche Menschen, für Freie wie für Sklaven, für Männer wie für Frauen, für Reiche wie für Arme. Und warum nur Adlige und gewöhnliche Menschen
erwähnen? Das Fasten hat doch sogar das Gewissen dessen, der das Diadem trägt, sowie das Gewissen seiner Untergebenen verändert. Heute siehst du keinen Unterschied zwischen den Tafeln der Armen und der Reichen; bei allen wurde gewöhnliches Essen vorbereitet, ungeachtet ihrer Wünsche und Möglichkeiten; jetzt kommt man zu einer gewöhnlichen Tafel mit größerer Begeisterung als früher, als eine Fülle verschiedener Nahrung und des Weins aufgetischt war.

Über die Veränderung nach der Fastenzeit:Bietet uns das Fasten nicht einen echten Schatz? Überall herrscht Frieden und Ruhe; sind unsere Häuser nicht ohne Hast, Tumult und Lärm gewesen? Der Geist des Fastenden hat aber die Ruhe gespürt, noch bevor er sein Haus betreten hat; ja, sogar die Stadt selbst verkündet den gleichen gesegneten Zustand und Frieden, die in unseren Seelen und unseren Häusern herrschen; am Abend hört man nicht den Straßengesang, noch kann man am Tage Eitelkeit und Trunkenheit bemerken; es gibt keinen Lärm und keinen Streit; überall ist große Stille. Nun ist es aber nicht mehr so: Seit frühestem Morgen hört man den Tumult, den Lärm und das Geklopfe der Köche und wie in unseren Häusern, so herrscht auch in unseren Seelen ein großes Durcheinander, da unsere inneren Leidenschaften durch die Unterhaltung geweckt werden und die Flamme der nichtsündigen Wünsche sich ausbreitet. Darum soll man der vergangenen Fastenzeit, die das alles zügelte, nachtrauern; wenn wir aber die Askese des Fastens auch abgeschlossen haben, so sollen wir uns nicht die Liebe für das Fasten vorenthalten und es nicht gänzlich aus unserer Erinnerung auslöschen.

Über den wahren Charakter des Fastens:Du sagst, dass du fastest. Überzeuge mich davon durch deine Taten. Und welche Taten sind das? Wenn du einen Armen siehst, spende ihm Almosen. Wenn du deinen Feind triffst, versöhne dich mit ihm. Siehst du auf der Straße ein schönes Gesicht, wende deinen Blick von ihm ab. Faste also nicht nur mit dem Bauch, sondern auch mit Augen und Ohren, mit Händen und Füßen sowie mit allen Gliedern deines Körpers. Die Hände sollen fasten, dadurch dass sie sich von jeglicher Gierigkeit und vom Diebstahl enthalten. Die Füße sollen fasten, dadurch dass sie nicht die Wege der Sünde begehen. Die Augen sollen fasten, dadurch dass sie nicht schöne Gesichter leidenschaftlich betrachten noch voller Neid auf das Eigentum anderer schauen. Du sagst, du isst kein Fleisch. Hüte dich aber davor, mit deinen Augen das, was du um dich herum siehst, wolllustig zu verschlingen. Faste auch mit deinem Gehörsinn, indem du dem Lästern und den Intrigen nicht zuhörst. Welchen Nutzen haben wir davon, wenn wir Fleisch und Fisch nicht essen, unsere Nächsten aber beißen und verschlingen.

(Quelle: Internet-Seite des Serbischen Patriarchates: http://www.spc.rs/sr/sveti_oci_o_postu)

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