Wenn du deine Seele zu retten und das ewige Leben zu gewinnen wünschst, erhebe dich aus deiner Trägheit, vollziehe das Zeichen des Kreuzes und sprich:
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Der Glaube kommt nicht durch Nachdenken, sondern durch Handeln. Nicht Worte und Spekulation, sondern die Erfahrung lehrt uns, was Gott ist. Um frische Luft hereinzulassen, müssen wir ein Fenster öffnen; um braun zu werden, müssen wir hinaus in den Sonnenschein gehen. Nicht anders ist es, den Glauben zu erlangen; niemals erreichen wir ein Ziel, indem wir bequem sitzenbleiben und warten, sagen die Heiligen Väter. Der Verlorene Sohn sei unser Vorbild. Er erhob sich und kam (Lukas 15,20).
Ganz gleich, wie bedrückt man ist und eingebunden in irdische Belange, es kann niemals zu spät sein. Nicht ohne Grund steht geschrieben, daß Abraham fünfundsiebzig Jahre alt war, als er aufbrach, und der Arbeiter, der in der elften Stunde kommt, erhält den gleichen Lohn wie derjenige, der in der ersten kommt.
Auch kann es nie zu früh sein. Einen Waldbrand kann man nicht so schnell löschen; möchtest du erleben, wie deine Seele verwüstet wird und verkohlt?
In der Taufe erhieltest du das Gebot, den unsichtbaren Krieg gegen die Feinde deiner Seele zu führen; jetzt nimm es dir vor. Lang genug hast du gebummelt; versunken in Gleichgültigkeit und Trägheit hast du viel kostbare Zeit vergeudet. Daher mußt du jetzt wieder von Anfang an beginnen: denn du ließest es zu, daß die Reinheit, die du in der Taufe empfingst, auf schreckliche Weise besudelt wurde.
Daher: Steh auf! Doch tu dies sofort, ohne Verzögerung. Schiebe deine Absicht nicht auf „heute Nacht“ oder „morgen“ oder „später, wenn ich das beendet habe, was ich jetzt tue“ auf. Der Zwischenraum könnte tödlich sein.
Nein, in diesem Augenblick, in dem Moment, in dem du deinen Entschluß faßt, zeigst du durch deine Handlung, daß du dein altes Selbst zurückgelassen und nun ein neues Leben mit einer neuen Bestimmung und einer neuen Lebensweise begonnen hast.
Erhebe dich daher ohne Furcht und sprich: Herr, laß mich nun beginnen. Hilf mir!
Denn was du vor allem brauchst, ist Gottes Hilfe. Halte dich fest an deine Absicht und schaue nicht zurück. Uns wurde ein warnendes Beispiel durch Lots Frau gegeben, die in eine Salzsäule verwandelt wurde, als sie zurückblickte (Genesis 19,26). Du hast deinen alten Menschen abgestreift; laß die Lumpen liegen. Wie Abraham hast du die Stimme des Herrn vernommen: Zieh fort aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde (Genesis 12,1). Auf jenes Land, das nachher kommt, mußt du deine ganze Aufmerksamkeit richten.
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Der oben stehende Text ist das erste Kapitel des Buches Weg der Asketen, von Tito Colliander (Übersetzung: Johannes A. Wolf, Verlag Johannes A. Wolf, Apelern, Deutschland, 2005). Das Buch erschien im Jahre 1952, mit einem Nachwort von Sergius Colliander (Sohn des Verfassers und Priester der Finnischen Orthodoxen Kirche) und wurde seitdem in viele Sprachen übersetzt. Der „Weg der Asketen“, des bedeutenden finnischen Schriftstellers Tito Colliander (1904-1989), erschließt die geistliche Welt der Wüstenväter und Heiligen für die heutige Zeit. Es stellt die zweitausendjährige asketische Tradition des orthodoxen Christentums – den „schmalen Pfad, der zum Leben führt“ – auf eine schlichte und zugleich profunde Weise dar, die ermutigend und tröstend ist. Die leicht verständlichen Anweisungen bieten eine inspirierende und wertvolle Hilfe für jeden, der die Erfahrung des ursprünglichen christlichen Weges, wie er durch das Leben der zahllosen Heiligen und Gerechten in allen Jahrhunderten bezeugt ist, sucht, anstrebt und verwirklichen möchte.
Das Werk basiert auf den Heiligen Vätern der Orthodoxen Kirche und besteht weitgehend aus direkten oder frei umschriebenen Auszügen aus ihren Schriften, zusammen mit einigen notwendigen Erläuterungen und Hinweisen zur praktischen Anwendung.
Quelle in gedruckter Form: Weg der Asketen. Tito Colliander. Übersetzung: Johannes A. Wolf, Verlag Johannes A. Wolf, Apelern, Deutschland, 2005.
Quelle im Internet: http://vatopaidi.wordpress.com
Weitere bibliographische Angaben:
Quelle: Weg der Asketen. Tito Colliander. Übersetzung: Johannes A. Wolf, Verlag Johannes A. Wolf, Apelern, Deutschland, 2005.
In English: Way of the ascetics. Tito Colliander, Translated by Katherine Ferré, St. Vladimir´s Seminary Press, Crestwood, New York, U.S.A., 2003.
Στα Ελληνικά: Ο δρόμος των ασκητών. Τίτο Κολλιάντερ, Μετάφραση: Αρχιμανδρίτης Ευσέβιος Βίττης, Εκδόσεις Ακρίτας, 13η έκδοση, Αθήνα 2003.