Samstag, 29. Mai 2010

„Die Indianer Amerikas werden vermutlich zur größten ethnischen Gruppe innerhalb der amerikanischen Orthodoxie werden“


Ein Interview mit Jonah, Erzbischof von Washington und Metropolit von ganz Amerika und Kanada.

Anfang Dezember 2009, besuchte S. E. Metropolit Johna von ganz Amerika und Kanada (Orthodoxe Kirche von Amerika) Rußland und feierte das Jubiläum der 15-jährigen Anwesenheit der OCA (Orthodox Church of America (1) ) in Moskau.
Der Korrespondent Miguel Palacio führte bei dieser Gelegenheit ein Gespräch mit Metropolit Jonah über die Präsenz der OCA in Latein Amerika.

Eure Eminenz, in welchen lateinamerikanischen Ländern ist die Orthodoxe Kirche Amerikas present?


Erzbischof Jonah: Unsere Jurisdikation befindet sich in Mexiko. Wir versuchen unsere Gemeinden in Argentinien, Brasilien, Peru, und ebenso in Venezuela aufrecht zu halten. Eine von ihnen jedoch trat zur Russischen Auslandskirche über, andere hingegen wurden einfach geschlossen.

Verschiedene Gemeinschaften in Lateinamerika beabsichtigen in die Amerikanische Orthodoxe Kirche einzutreten. Wir wären sehr glücklich, diese gläubigen Menschen aufzunehmen, jedoch verfügen wir nicht über die Möglichkeit sie ausreichend zu betreuen, denn wir haben nur einige wenige Geistliche, die Spanisch oder Portugisisch sprechen.
Ein Priester, der wie ich hoffe eines Tages zum Bischof geweiht werden wird, eröffnete die Mission in Guayaquil, einer Stadt in Ecuador. Dort befindet sich eine große palästinensiche Siedlung. Bedauerlicherweise verlief seine gute Initiative im Sande. Ich habe erfahren, daß auch in den Ländern Zentralamerikas zahlreiche Palästinenser leben, so beispielsweise in El Salvador. Ist kurios, aber sie besuchen nicht die antiochischen Gemeinden und möchten stattdessen gerne unter dem Schirmherrschaft unseres Omophorions.
Die Patriarchate von Konstantinopel und Antiochien ziehen arabische und griechische Geistliche vor. Wir verstehen das nicht. Die Kirche sollte zuallererst den geistlichen Kindern in der Umgebung ihre Seelsorge geben. Dies ist das Prinzip der Orthodoxen Kirche von Amerika.


Wann wurde das Exarchat Mexiko eingerichtet?

 Erzbischof Jonah: Das Exarchat Mexiko existiert seit den 70er Jahren. Zu diesem Zeitpunkt, nahm der Bischof der mexikanischen Kirche der Altkatholiken, Jose (Cortez-y-Olmos), verstärkt Kontakt mit unserer Kirche auf und trat schließlich, gemeinsam mit seiner  Gemeinde zur Orthodoxie über.  Dank seiner Mühen, nahmen hunderte Mexikaner den orthodoxen Glauben an.
Nicht vor allzulanger Zeit, wurden 5.000 Indios, aus 23 Gebieten des Staates Veracruz orthodox getauft.  Allerdings befindet sich dort nur ein Priester, um die gesamte Masse der Menschen zu betreuen. Grundsätzlich hat das mexikanische Exarchat nur einige wenige Geistliche. Sie alle, einschließlich Alejo (Pacheco-Vera), des vorstehenden Bischofs sind Mexikaner.

– Waren Sie jemals in Lateinamerika?

 
Erzbischof Jonah: Bisher habe ich nur Mexiko besucht. Nun bereite ich mich darauf vor, Guatemala zu besuchen. Eine gute Bekannte von mir — Abtissin Ines (Ayau Garcia), die Vorsteherin des Frauenklosters der Heiligen Dreiheit, welches sich unter der Juristiktion des Patriarchats Antiochien befindet —, lebt dort.
In Guatemala gilt meine Aufmerksamkeit einer Gruppe von mehreren tausend Menschen, die gerne Orthodox werden möchten. Die meisten von ihnen gehören zum Volk der Maya. Wenn wir diese Guatemalas aufnehmen, werden sicherlich noch weitere Mitglieder anderer Indio-Stämme hinzukommen. Dann werden amerikanische Indios sicherlich zur größten ethnischen Gruppe innerhalb der Amerikanischen Orthodoxen Kirche. Ich persönlich, würde mich sehr darüber freuen. 

Ich sehe, Sie bringen den  Einwohnern des amerikanischen Kontinents große Sympathien entgegen…  

Erzbischof Jonah: Ich hege die warmherzigsten Gefühle für die amerikanischen Indianer. An der Universität studierte ich Anthropologie, und ich fühlte mich sehr zu den Kulturen der Mayas und Azteken hingezogen. Es waren gigantische und erstaunliche Zivilisationen.
Ich mag den gesamten lateinamerikanischen Kontinent — seine Kunst, Musik und  auch seine Kochkunst. Lateinamerikaner lieben das Leben; sie sind aufrichtige und gastfreundliche Menschen. Ich wuchs in Kalifornien auf — einem der US-Staaten mit dem höchten Anteil an Hispanics. Mit der Hilfe eines mexikanischen Freundes war es mir möglich, ein wenig Spanisch zu lernen, obgleich meine Sprachkenntnisse sehr spärlich sind. Auch der Priester, der mich in der orthodoxen Kirche aufnahm, war ein Mexikaner. Sein Name war Vater Ramon Merlos.

Welche Gemeinsamkeiten bestehen zwischen der missionarischen Arbeit bei den Indianer der USA und der Mission in Lateinamerika?

 Erzbischof Jonah: Um ehrlich zu sein, weiß ich es nicht… Unsere Kirche hat missionarische Erfahrungen aus der Missionierung Alaskas — wo ein Anthropologe, der bemerkenswerte Erzpriester Michael Oleska dient —, gewonnen. Er ist Karpatorusse,  seine Frau eine eingeborene Yupik. Vater Michael möchte eine Konferenz der Orthodoxen Indianer Amerikas einberufen. Das dürfte eine extrem interessante Veranstaltung werden.
Zu dem Zeitpunkt als Vater Michael Leiter des Seminars war, lud er die Gemeinde von Guatemalan dazu ein — man dürstete dort nach Orthodoxie —, mit zwei Personen an der theologischen Schulung teilzunehmen. Dies war mit Sicherheit eine großartige Idee. Jedoch sind Menschen, die an ein tropisches Klima gewöhnt sind,  nicht in der Lage die eisigen Temperaturen Alaskas zu ertragen.

– Befinden sich in den Gemeinden der USA ebenfalls Lateiamerikaner?


Erzbischof Jonah: Natürlich auch dort. In Kalifornien besteht die Bevölkerung zu 35% aus Lateinamerikaner, und in Texas ist der prozentuale Anteil noch höher. Unter der Herde, als auch unter den Geistlichen unserer Kirche befinden sich Latinos. Am Orthodoxen Theologischen Seminar des Heiligen Tichon, studiert ein Mexikaner mit indianischen Wurzeln, mit dem Namen Abraham. Er dient im Rang eines Hypodiakons. Ein Hypodiakon in San Francisco ist Kolumbianer. Ende November segnete ich eine neue Gemeinde in Dallas, welche der Geburt des Herrn geweiht ist, und deren Vorsteher ein Brasilianer ist. 

Was glauben Sie Eminenz, zieht die Lateinamerikaner zur Orthodoxie?


Erzbischof Jonah: Die Latinos lieben unsere Liturgie; sie sind von der großen Verehrung, welche der Gottesgebärerin in der orthodoxen Kirche entgegengebracht wird, gefesselt.
Ich möchte anmerken, daß die Katholische Kirche in Lateinamerika immer stärker an Einfluß verliert, und der Grund dafür ist deren enge Verbindung zu den höheren sozialen Klassen. Ein beachtenswerter Anteil der ärmeren Klassen, welche in der Region in der Mehrheit ist, sind bezüglich der katholischen Priester desillusioniert und haben sich mit Protestanten, Mormonen und anderen Sektierern verbunden.
Metropolit Andres (Giron), der Kopf des Ordens vom Heiligen Basilius der Große in Guatemala, war vormals katholischer Priester. Er sah, daß sich die Kirchenoberen nach den Belängen der Reichen orientierten; in den 1990er Jahren verließ er die Katholische Kirche, denn er wollte für die Menschen arbeiten. Vor nicht allzulanger Zeit sagte Vater Andreas zu mir: „Ich bin alt und krank. Bitte nehmen Sie meine Leute zur Rettung und zum Wohl ihrer Seele in Ihrer Kirche auf.“ Es wäre nicht recht, seine Gemeinde als Orthodox zu bezeichnen, aber sie befand sich auf dem Wege zum Wissen um die orthodoxe Lehre und zur Teilhabe an den Traditionen der orthodoxen Kirche. Neben den Gemeinden in Guatemala, hat Bischof Andres Gemeinden in Los Angeles und San Francisco und anderen US-Städten in denen sich Landsleute von ihm niedergelassen haben eröffnet.


Haben Sie keine Angst in Konflikt mit der katholischen Kirche zu geraten? Denn nach wie vor stellt Lateiamerika die „größte Diozöse des Vatikans“ dar.


Erzbischof Jonah: Es wird keine Konflikte geben.  Die Katholische Kirche begegnet der Orthodoxie mit Loyalität. Darüber hinaus sehe ich ein nicht geringes Potenzial an Möglichkeiten zu einer Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche, vor allem im Kampf gegen das Sektierertum.


(1)    Die „Orthodox Church in America“, kurz OCA, ist eine autokephale  orthodoxe Kirche in Nordamerika,deren Primat seit 2008 Metropolit Jonah (Paffhausen) ist. Die Zentrale der OCA befindet sich in  Syosset, New York. Mehr als 700 Gemeinden, Missionen, Klöster und Institutionen besitzt die OCA, vornehmlich in den USA und Kanada. Dazu kommen Gemeinden und Missionen in Mexico und Australien.Die Karpatorussen, auch als Ruthenen,  Russinen, Rusniaken, Karpato-Ukrainer,, Karpatenrussinen, Ungarnrussinen bezeichnet, sind eine ostslawische Bevölkerungsgruppe, die hauptsächlich in den Karpaten  in der Karpatoukraine, den an die Ukraine  angrenzenden Staaten Osteuropas, in Mittelosteuropa, auf dem Balkan sowie in Nordamerika  lebt.Yupik ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Gruppen der Eskimo und deren Sprachen, die auf der russischen Tschuktschen-Halbinsel, Südwestalaska und einigen Inseln von etwa 16.000 Menschen gesprochen werden.

Das Interview führte von Miguel Palacio
Quelle des Englischen Beitrages:  www.pravoslavie.ru

© der dt. Übersetzung: Edition Hagia Sophia

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