Dienstag, 24. August 2010

Auf welche Art und Weise der Soldat Christi bei Tagesanbruch ins Schlachtfeld ziehen sollte, um Krieg zu führen...

Der unsichtbare Krieg


Nachdem du aufgestanden bist und einige Zeit gebetet hast: „Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner“, ist das erste, woran du zu denken hast, folgendes: Du sollst dich selbst an einen Ort oder in eine Arena versetzt sehen, die nichts anderes ist als dein eigenes Herz und der ganze innere Mensch. Und du sollst daran denken, daß derjenige, der dort nicht kämpft, den Kampfplatz nicht lebend verläßt.
Stelle dir vor, als sähest du vor dir auf der einen Seite jenen Feind, jene böse Neigung an dir, die du dich entschlossen hast zu bekämpfen, bewaffnet und bereit, um dich zu schlagen und zu töten; und auf der rechten Seite deinen siegreichen Heerführer, Jesus Christus, mit seiner allerheiligsten Mutter, mit vielen Scharen von Engeln und Heiligen, vor allem mit dem Erzengel Michael, und auf der linken Seite den höllischen Teufel mit seinen Dämonen, die diese Leidenschaft und diese schlechte Begierde gegen dich loslassen und dich bewegen möchten, diesen Krieg aufzugeben und dich ihnen zu unterwerfen. Stelle dir weiter vor, als hörest du eine Stimme wie von deinem Schutzengel, der dir sagt: „Du hast heute gegen die Leidenschaft und gegen deine anderen Feinde zu kämpfen. Dein Herz soll nicht erschrecken und den Mut nicht verlieren, du darfst diesen Krieg nicht aufgeben aus Angst oder irgendeiner anderen Rücksichtenn unser Herr und dein Heerführer steht auf deiner Seite mit allen seinen glorreichen Scharen: er wird gegen alle deine Feinde kämpfen, und nicht zulassen, daß sie die Oberhand bekommen oder dich überlisten“ (gemäß Exodus 14,14). (1)

So bleib standhaft, bezwinge dich selbst, und ertrage das Leid, das du zuweilen empfindest, um dich selbst zu überwinden. Rufe oft aus dem Innersten deines Herzens (gemäß Psalm 25,17-21): „Befreie mein Herz von der Angst, führe mich hinaus aus der Bedrängnis! Sich meine Not und Plage an, und vergib mir all meine Sünden! Sieb doch, wie zahlreich meine Feinde sind, mit welch tödlichem Haß sie mich hassen! Erhalte mein Leben und rette mich, laß mich nicht scheitern! Denn ich nehme zu dir meine Zuflucht. Unschuld und Redlichkeit mögen mich schutzen, denn ich hoffe auf dich, o Herr. — Übergib mich nicht denjenigen, die Drangsal über mich bringen.“ Rufe um Hilfe zu deinem Herrn, zur Jungfrau und zu allen Heiligen, und du wirst sicherlich siegen, denn es heißt: „Ich schreibe euch, ihr Kinder, daß ich den Vater erkannt habe. Ich schreibe euch, ihr Väter, daß ihr den erkannt habt, der von Anfang an ist. Ich schreibe euch, ihr jungen Männer, daß ihr stark seid, daß das Wort Gottes in euch bleibt und daß ihr den Bösen besiegt habt“ (1 Joh 2,14). Auch wenn du schwach bist und deine Feinde mächtig und zahlreich sind, ist die Hilfe desjenigen, der dich erschaffen und erlöst hat, unvergleichlich starker. Genauso wie geschrieben steht: „Der Herr ist mächtig im Kampf“ (Ps 24,8) — und er hat eine größere Sehnsucht, dich zu retten, als der Feind sie hat, um dich zu verderben. So kämpfe und bemühe dich, denn aus der Mühe, aus der Gewalt, die du gegen die bösen Neigungen gebrauchst, aus dem Leid, das du deiner bösen Gewohnheiten wegen empfindest, wird der Sieg geboren und der große Schatz dir geschenkt, durch welchen das Himmelreich erkauft wird und wodurch sich die Seele auf immer mit Gott vereinigt .
Fang also an, im Namen Gottes zu kämpfen — mit den Waffen der Selbstaufopferung (des Mißtrauens gegen dich selbst) und der ganzen Hoffnung und des Vertrauens auf Gott, mit dem Gebet und der Übung. Besonders mit der Waffe des Herzensgebets und des geistigen Gebets, mit dem göttlichen Namen „Herr Jesus Christus“, der ein so furchtgebietender Name ist, daß er wie ein zweischneidiges Schwert in unserem Herzen kreist und die Dämonen und die Leidenschaften geißelt und vernichtet. Aus diesem Grund sagt Johannes Kimakos, daß er mit dem Namen Jesus die Feinde geißelt. Darüber werden wir im 45. Kapitel ausführlich schreiben. Kämpfe gegen diesen Feind, gegen diese Leidenschaften, gegen die schlechten Begierden, die gegen dich Krieg führen, und sei entschlossen, sie nach der angegebenen Ordnung zu besiegen, die ich dir im 13. Kapitel dargelegt habe. Das heißt, daß du ihnen bald durch Widerstand, bald durch Verabscheuung, bald durch Handlungen der entgegengesetzten Tugend tödliche Schläge versetzt. Auf diese Weise wirst du eine Tat vollbringen, die deinem Gott wohlgefällig ist und er wird mit seiner gesamten Kirche im Himmel triumphieren.
Dieser Krieg darf dir nicht schwerfallen, da wir alle die Verpflichtung haben, Gott zu dienen und zu gefallen. Andererseits ist es unerläßlich, Krieg zu führen. Denn wenn wir aus diesem Krieg fluchten, werden wir getötet werden. Auch wenn du von diesem gottgemäßen Krieg Abstand nimmst und wie ein Abtrünniger dich der Welt und den Vergnugungen des Fleisches übergeben wolltest, wirst du letztendlich wieder diesen Krieg führen müssen, und dann mit unzahligen Widerwärtigkeiten, mit schweißbedeckter Stirn bei Todesangst und Herzbeklemmungen. Wann? — In der Zeit des Alters und des Todes, wenn die Damonen und all deine Leidenschaften dich umzingeln werden.
Und das auf so eine Art und Weise, daß du nicht weißt, wen du zuerst bekämpfen mußt. Sei also nicht töricht, mein Geliebter, sondern wie ein verständiger Mensch. Ertrage jetzt die Muhe des Krieges, damit du die Oberhand gewinnst und gekront wirst und dich mit Gott sowohl hier als auch dort im Himmelreich vereinst (Prd 12, 1).

(1) „Der Herr kämpft für euch“ (Ex 14,l4).


Quelle:
Nikodemos Agioreites: Der unsichtbare Krieg. Der geistige Kampf zur Vervollkommnung der Seele und zum inneren Frieden.
400 Seiten, 15 x 22 cm, Leinengebunden mit farbigem Schutzumschlag.


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