Dienstag, 14. Juni 2011

Wie Religion alles vergiftet

In Russisch erschien vor kurzem die Übersetzung des Buchs „God Is Not Great: How Religion Poisons Everything“.
Das Buch „God Is Not Great: How Religion Poisons Everything“, das 2007 erschien und 2011 ins Russisch übersetzt worden ist, des berühmten und einflussreichen modernen Publizisten Christopher Hitchens, der seine atheistische Überzeugung nicht verbirgt, stellt ein emotionales antireligiöses Pamphlet dar, das durch die Aberkennung der Religion hervorgerufen worden ist.
Sein Werk beginnt mit der Beschreibung der Erfahrung, die er mit der Religion machen durfte. Man muss natürlich zu allererst betonen, dass für den Atheismus Hitchens überwiegend eine Religionsgemeinschaft steht, die zu ihrer Zeit keine vernünftigen Antworten liefern konnte, und, was wichtig ist, keine ehrlichen Antworten gab. Da Hitchens diese nicht bekam, kam es zu der Enttäuschung im Glauben.

Hitchens Anprangerungen bilden eine unsystematische Kompilation allen bekannter Fakten und Episoden aus der Geschichte, wo die Religion nicht gerade von ihrer besten Seite gezeigt wird. Oft trifft der Autor „den Kern“ und illustriert (anhand seiner eigenen Deutung) „die Sünden“ der Religion. Menschenopfer der Azteken (Herausreisen des menschlichen Herzens aus der Brust), Polygamie der Mormonen, die Kooperation der Katholischen Kirche mit dem nazistischen und faschistischem Regime in den 30-er und 40-er Jahren des letzten Jahrhunderts, Kritik am Stumpfsinn und fehlendem Intellekt evangelischer Pastoren und vieles andere illustriert bunt die Rolle des Glaubens nicht in aller besten Momenten der menschlichen Geschichte.
Keineswegs darf man die Anmerkungen des Autors über die Wiederholung des religiösen Fundamentalismus in Europa als ungerecht abtun – der Kampf gegen „The Three Littel Pigs“, Miss Piggy und Piglet (aus Winnie-the-Pooh) wegen einer Abneigung der Moslems gegen Schweinefleisch. Und in der Tat, die törichten Vorstellungen der Zeugen Jehovas über die Lage der Seele im Körper führte zum Tode nicht weniger Menschen, denen es verboten wurde eine Bruttransfusion durchzuführen. Doch hier endet auch die ganze Objektivität des Autors.
Christopher Hitchens, indem er versucht das religiöse Denken anzuklagen, wird persönlich und begibt sich auf das Niveau offener Beleidigungen. Wobei er es nicht nur bei anrüchigsten Religionsführern und offensichtlichen Verbrechern belässt (z.B. dem Gründer der «Lord's Resistance Army» in Uganda, Joseph Kony), sondern auch die respektablen Schauspieler, Philosophen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens anprangert. C.S. Lewis ist bei ihm Nüsseljochen und absurd. Augustinus Aurelius – ein egozentrischer Märchendichter und geozentrischer Flegel. Mel Gibson aber – australischer Faschist und unbegabter Schauspieler, der eine Seifenoper über den Tod Christi gedreht hat.
Hitchens jongliert so sehr mit den Fakten und zügelloser Kritik an Religion, dass er die Grenzen der Objektivität und Adäquatheit verlässt. Äußerst narrenhaft sieht seine Verspottung Augustinischer Vorstellung von der Erde und der Sonne aus (der Sonne, die sich um die Erde dreht), denn im IV.-V. Jh. gab es noch keine technischen Geräte zur Untersuchung des Weltall.
Der größte Teil seiner Schlussfolgerungen basiert auf Vermutungen. Zum Beispiel, wenn Hitchens über die Entstehung der sexuellen Verbote im Judaismus und Christentum nachsinnt, behauptet er, dass die Initiatoren dieser Verbote selbst mit verdrängten Begierden zu kämpfen hatten. Doch wenn man der Logik «des Anprangerers» folgt, so müsste jeder Polizeibeamte und Richter – ein Verbrecher sein, das Rechtssystem aber und die Gesetzgebung – das Erzeugnis der Mörder und Vergewaltiger.
Indem der Autor behauptet, dass Shakespeare, Tolstoi, Schiller, Dostojewski und George Eliot «tiefe moralischen Fragen weit besser lösen, als die morallehrenden Mythen der heiligen Schriften», vergisst Hitchens, dass Dostojewski und Tolstoi selbst sich von der Religion und der Heiligen Schrift bei ihrem literarischen Schaffen und philosophischer Suche inspirieren ließen.
Entweder aus Unwissensheit, oder aus leidenschaftlichem Wunsch ein für alle Mal mit der Religion fertig zu werden, schreibt Hitchens der Religion die Hauptrolle in allen Kriegen zu. Indem er sich mit dem Konflikt und dem ethnischen Antagonismus auf dem Balkan zwischen den Serben, Horwaten und Bosniern auseinander setzt, ist er sich sicher, dass der Hauptgenerator für die Kriege und Verbrechen die Glaubensbekenntnisse waren. Dabei übersieht er leicht die Tatsache, dass dieser Konflikt weit tiefere Wurzeln hat, die in der pseudowissenschaftlichen Diskussion des XIX. Jh. ihren Ursprung haben, im Rahmen welcher die horwatischen Nationalisten den Gedanken äußerten, dass die Serben eine ethnische und soziale unvollkomme Völkergruppe seien (gemäß der Theorie eines horwatischen Denkers leitet sich das Wort «Serbe» vom Lateinischen «servus» ab, was Sklave bedeutet). Die Schlachten aber während des zweiten Weltkrieges, und die in den 80-er und 90-er Jahren waren das Erzeugnis der Idee von dem «Großen Serbien», «Großen Horwatien», «Großen Albanien» usw.
Über den Kreationismus spottend und indem er behauptet, dass die Versuche den Glauben mit der Wissenschaft und der Vernunft zu versöhnen zum Scheitern verurteil sind, verseumt Hitchens die wissenschaftlichen Hypothesen autoritativer moderner Forscher zu kommentieren (ganz zu schweigen von den herausragenden Persönlichkeiten der Wissenschaft der letzten Jahrhunderte, an denen Hitchens schweigsam vorbeigeht, mit Ausnahme einiger Verspottungen über Isaac Newton). Der Astrophysiker Dr. Hugh Ross, Physiker-Theoretiker Tony Rothmann, Astronom und Laureat des Crafoord Prize (ein Äquivalent zu Nobel-Prämie in Astronomie) Allan Sandage, Laureat des Dannie-Heineman-Preises für mathematische Physik Robert Griffiths, Astrophysiker Robert Jastrow und andere Wissenschaftler formulierten Hypothesen im gewissen Maße zugunsten der Göttlichen Entstehung des Alls und der Welt. Doch der feindselige Atheismus Hitchens hat leider diese Namen „vom Bord“ seines Buches geworfen.
Seine Kritik über die Entscheidung der amerikanischen Regierung, die armen Amerikaner in die Obhut der Religionsgemeinschaften zu geben, gründet nur auf scheinbarem Verstoß der Prinzipien des Staates und der Meinungsfreiheit. Wobei der Autor sich in keiner Weise bemüht Fakten zu nennen, in welchem Maße die christlichen, karitativen Fonds und Missionen Missbrach treiben, außer unbegründeter Behauptung, dass die weltlichen Organisationen diese Aufgabe nicht schlechter ausführen könnten.
Im zwölften Kapitel „Wann und wie die Religionen aussterben“ gibt der Autor keine Antwort auf die gestellte Frage: wann und wie sterben die Religionen aus? Hitchens hat sich weder Mühe gegeben den Mechanismus zu beschreiben, noch den Prozess des Aussterbens der Religion, noch bestimmte er die Ursachen und Vorbedingungen. Er führt lediglich zwei „Todesbeispiele“ anrüchiger Religionsbewegungen an.
„God Is Not Great“ ist nicht nur wichtig für den religionswissenschaftlichen Diskurs, sondern auch für die Religionsbewegungen selbst. Am Beispiel des literarischen Werk Hitchens kann man unschwer das christliche Prinzip „was der Mensch sähst, das wirst er auch ernten“ erkennen. D.h. alle Verfehlungen, Missbrach innerhalb der kirchlichen Strukturen werden in der Zukunft „Trophäen“ der übereifrigsten Gegner der Kirche sein. Daher ist es wichtig stets über die Folgen eines jeden nächsten Schrittes nachzudenken. Das Buch Hitchens verdient seinen Namen als Lexikon aller Missbräuche der Religionen und Beanstandungen, auf welche die Religionsgesellschaft zur Antwort verpflichtet ist, denn sonst wird es in Zukunft mehr Atheisten geben als Gläubige.

Quelle: http://religo.ru/city/15078
Übersetzung: Alexander Achziger

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